Trkulja pokert – aber auf wessen Kosten?
Von Jelena Radosavljević
Es ist ein altbekanntes Spiel in der Bundespolitik Severaniens: Wegsehen, abwarten, die föderale Karte ziehen – und hoffen, dass sich regionale Krisen von selbst erledigen. Doch was sich derzeit in Pelagonien abspielt, ist mehr als nur ein lokaler Machtkampf zwischen Nikolov und Mihajlov. Es ist ein Fieberthermometer für das gesamte politische System des Landes. Und Präsident Trkulja reagiert, als wäre es bloß ein leichter Schnupfen.
Das Kalkül ist offensichtlich: Jede Veränderung in Pelagonien könnte Auswirkungen bis nach Vinaši haben. Trkulja fürchtet, dass konservative und gar wirtschaftsliberale Kräfte, die von den Protesten profitieren könnten, ihm langfristig gefährlich werden. Eine neue Führung in Veligrad könnte plötzlich eine lautstarke Stimme im Bundesrat bzw. der Bundesversammlung werden, die das fragile Gleichgewicht in der Hauptstadt ins Wanken bringt.
Doch während Trkulja sich hinter Prinzipien verschanzt, zahlen andere den Preis – nämlich die Bürger Pelagoniens. Während Menschen in Veligrad und Portograd für freie Wahlen und demokratische Teilhabe sich versammeln wollen, bleibt der Präsident abwiegelnd und versteckt sich hinter Phrasen und Gesetzesdeutungen. Sein Verhalten wirkt nicht wie staatsmännische Zurückhaltung, sondern wie politisches Kalkül, das billigend Instabilität in Kauf nimmt.
Die Wahrheit ist unbequem: Trkulja verteidigt nicht nur das föderale System, sondern auch seine eigene Machtstellung.
Wie lange kann sich ein Bundespräsident, der sich als Garant für Einheit und Demokratie versteht, noch aus der Affäre ziehen? Was, wenn seine machterhaltende Haltung nicht nur Pelagonien destabilisiert, sondern auch das Vertrauen in den Bund selbst untergräbt?
Pelagonien steht kurz davor zu brennen – und Vinaši hält das Feuerzeug in der Hand.